Vor einigen Tagen postete ein User auf der Facebook-Seite von Hundetrick.de ein Video der Hundeschule „Hundeleben Canis Michael Grewes“ (siehe unten). Darin wird eine Metallschüssel als Schlaginstrument gegen unerwünschtes Verhalten eingesetzt. Dieser Hund – wie aber erst später bekannt wurde – soll sich mehrfach äußerst aggressiv gegenüber Menschen verhalten haben und sollte eingeschläfert werden, wenn sich nicht umgehend etwas in seinem Verhalten ändert. Dieses Video löste auf Facebook und Co. eine ungeahnte Welle der Entrüstung aus – ein Shitstorm wie er im Buche steht.
(Update 02.01.2013: ich kann zum vorhergehenden Verhalten des Hundes nur wiedergeben was ich in vielen Quellen gelesen habe, habe aber keine Gewissheit und keine Beweise. Dieses soll hier aber auch nicht Kernpunkt dieses Artikels sein. Näheres im Kommentar von Helmut Lenz unten nach diesem Artikel – vielen Dank dafür!)
Nein, auch ich heiße solche Trainingsmethoden nicht gut. Ganz im Gegenteil. Auch nicht unter solchen Umständen. Da bin ich ein Verfechter der gewaltfreien Erziehung. Aber die Reaktion darauf hat mich nicht minder schockiert. Eigentlich kluge, intelligente Menschen schalten ihr Hirn komplett aus und schleudern einer Person in aller Öffentlichkeit ihren blanken Hass entgegen. Selbst Drohungen gegen Leib und Leben erreichten den Hundetrainer.
Gut, solche Aktionen sind auch in der Hunde-Internet-Welt nicht neu. Vor der Fussball-EM wurde mobil gemacht gegen die Behandlung von Hunden in der Ukraine. Aber hier wurde nach Hintergründen gefragt und gezielt gegen die EU, die Ukraine, die UEFA und Sponsoren wie Adidas mobil gemacht. Durchaus mit Erfolg. An sich eine gute Sache, weil so nicht nur auf Missstände aufmerksam gemacht wird, sondern endlich auch Druck zum Handeln ausgeübt werden kann. Aber hier geht es nicht gegen Länder oder große Konzerne, sondern gegen eine einzelne Person und dessen Existenzgrundlage. Das gibt dem dann doch eine ganz neue Dimension.
Als Betreiber einer Webseite, die sich mit Hunden beschäftigt, kommt man da schon etwas ins Grübeln. Bislang hat man so fröhlich vor sich hin geschrieben. Natürlich gab es auch Kritik, aber die war zumeist konstruktiv und da bin ich dann auch gerne bereit meine Meinung oder mein Vorgehen zu überdenken. Gerne wagte man sich auch mal an ein Thema das eher gegen die vorherrschende „Hundemeinung“ war, um in der Diskussion neue Argumente zu hören und dazu zu lernen.
Das überlege ich mir ab heute zweimal. Klar ist das genannte Video noch mal eine ganz andere Hausnummer. Leider zeigt die Erfahrung aus anderen Internetbereichen aber, dass die „Diskussionsform“ des Shitstorm immer häufiger auch bei fast nichtigen Themen eingesetzt, zum Teil sogar gezielt gesteuert wird. Man bekommt fast das Gefühl: ein Fehler und du bist dran. Bislang war das in der Hunde-Internet-Welt noch nicht so. Und ich hoffe sehr, dass sich das nicht in diese Richtung bewegt. Denn die meisten Seiten wie Hundetrick.de werden als Hobby betrieben. Ich setze mich abends oder am Wochenende in meiner Freizeit hin und schreibe. Ja klar, ich habe Werbung auf der Seite, aber die Einnahmen decken gerade so die Ausgaben für den Betrieb der Seite. Und das ist völlig ok so, denn ich habe großen Spaß an der ganzen Sache. Wenn man aber sieht was ein einzelner Fehler, ein unbedachter Artikel oder vielleicht auch nur das ungewollte Teilen eines Facebook-Posts auslösen kann… Als erste Konsequenz hat beispielsweise schon „Meier, der Schnüffeljournalist“ angekündigt keine kritischen Themen mehr aufgreifen zu wollen. Was wirklich, wirklich schade ist.
Nochmals – um absolut keine Missverständnisse aufkommen zu lassen: ich halte die Trainingsmethode im Video für hoffnungslos veraltet und komplett falsch. Ich bin auch der Meinung – die Betonung liegt auf MEINUNG -, dass selbst unter diesen Umständen ein guter Hundetrainer auch ohne den Einsatz von roher Gewalt gute Ergebnisse erzielen hätte können. Aber richtig verwerflich finde ich die Reaktion mancher Leute, die kein bisschen darüber nachdenken was ihre Handlungen im Internet auslösen können. Ich bitte einfach nur darum Diskussionen und Kritik sachlich und vor allem ohne Drohungen zu führen, damit es weiterhin diese wunderbare Vielfalt an Hundewebseiten gibt.
Sebastian Galleitner
Wer sich näher und etwas differenzierter mit dem Thema rund um besagtes Video beschäftigen möchte, findet hier ein paar weiterführende Links:
Das Video, das die Diskussionen ausgelöst hat
Öffentliche Stellungnahme von Michael Grewe als Reaktion auf die Diskussionen
Ein öffentliches Statement von Frank Fass vom Wolfscenter Dörverden
Konsequenzen – jemand der angesichts von Shitstorms keine Lust mehr hat